Seit März besteht in Belgrad ein neues soziales Zentrum, das AKAB Okretnica. Wer sich dafür interessiert, kann sich auf folgenen Kanälen informieren bzw. Kontakt aufbauen:
Mail: akab_okretnica@riseup.net
facebook: https://www.facebook.com/AKABOkretnica/
Blog: https://okretnica.noblogs.org/
Wir haben mit den Genoss_innen vom Okretnica ein Interview gemacht, in welchem sie ihren Raum vorstellen.
Im März habt ihr das soziale Zentrum AKAB Okretnica eröffnet. Was bedeutet der Name, welche Möglichkeiten bietet euch der Raum und was habt ihr konkret vor?
Der Name AKAB Okretnica hängt mit dem Standort des Raums zusammen, in der Nähe der Pančevački-Brücke. Oktrenica bedeutet „Kreisverkehr“ oder „Wendepunkt“. Dort ist nämlich der Anfang- und Endpunkt vieler Buslinien. Der Name kann aber auch einen Wendepunkt in der Wahrnehmung von uns selbst und der Gesellschaft, in der wir leben, meinen. AKAB ist eine ironische Abkürzung für „Autonome aktive Basis für Kunst und Kultur“ (Autonomna kulturno-umetnička aktivna baza). AKAB Okretnica ist ein selbstverwaltetes soziales Zentrum und soll Zusammenkünften und Diskussionen, dem Organisieren und Rumhängen ohne Konsumzwang Raum bieten.
Nach zahlreichen Versuchen, in Belgrad ein autonomes soziales Zentrum zu eröffnen, bietet dieser Raum uns endlich die Möglichkeit, in einer Gesellschaft, die von Entfremdung und Not gezeichnet ist, das zu tun, was wir am meisten brauchen: die Beziehungen untereinander (wieder) auszubauen. Dieser Ort ist für uns alle: Leute aus der Nachbarschaft, Leute aus verschiedenen Gruppen, Projekten und Kollektiven und vor allem für die Kinder, die mit oder um uns herum leben. Er bietet uns die Möglichkeit, Filmvorführungen, Arbeitseinsätze, offene Tage, Diskussionen und den Infoladen zu organisieren. Wir haben Okretnica für Alle, die sich nach Freiheit und Solidarität sehnen, eröffnet. Denn Freiheit ist der Rahmen, in dem wir uns organisieren.
Wie ordnet sich AKAB Okretnica in die Geschichte autonomer Bewegung und sozialer Kämpfe im Belgrad der letzten Jahre ein?
Die Mitglieder von Okretnica kommen aus verschiedenen Kollektiven, die in der Vergangenheit in Belgrad bestanden oder heute noch bestehen. Es gibt aber auch Einzelmitglieder, die sonst keiner Gruppe angehören. Die angesprochenen Gruppen sind die 76-Konzertgruppe, das solidarische Kinderbetreuungsprogramm Koko Lepo aus dem ehemaligen besetzten Haus von InexFilm, No Border Serbia und das No Border Hostel. Durch einen gemeinsamen Kampf, durch eine ähnliche Gesellschaftskritik und durch das Bekenntnis zu direkter Aktion und Solidarität bringt Okretnica diese Gruppen und Einzelpersonen zusammen. Diese Prinzipien müssen wir gerade in einer politischen Landschaft, die von NGOs, organisierten rechten Gruppen, politischen Parteien und einer Staatslinken dominiert ist, stark machen. Wir unterstützen mehrere Fälle und Aktionen in Belgrad. Der Raum ist aber auch international ausgerichtet und in entsprechende Solidaritätsnetzwerke eingebunden.
Was ist das politische Selbstverständnis von der Gruppe, die den Raum trägt?
Okretnica ist ein offener Raum für die Leute aus dem Viertel und für Alle, die sich mit seiner Grundidee identifizieren. Es ist ein autonomer und nicht-kommerzieller Raum, d.h. wir hängen nicht von der Unterstützung durch den Staat oder das Kapital, noch von deren Institutionen und Geldern ab. Der Raum ist antinationalistisch und antifaschistisch. Diese Ideologien sowie deren Vertreter_innen sind hier nicht willkommen und werden hier nicht geduldet. Wir sind gegen Sexismus, Rassismus und Homophobie und sind uns darüber klar, dass wir bei uns selbst anfangen müssen, wenn wir diese Verhältnisse angehen wollen. Wir glauben, dass wir mit der Hilfe unserer Genoss_innen eine Alternative dazu aufbauen können und dass dieser Raum ein Knoten im Solidaritätsnetzwerk darstellt kann.
Was habt ihr seid der Eröffnung im AKAB Okretnica gemacht und was ist im Entstehen?
Seit der Eröffnung im März hatten wir eine Solidaritätsveranstaltung für das besetzte Haus Libertatia aus Thessaloniki. Okretnica hat auch soziale Events veranstaltet und damit neue Leute ins Plenum gebracht und in unsere Projekte eingebunden. Obwohl wir noch relativ neu sind, haben wir schon Konzerte, Filmvorführungen, eine Diskussionsveranstaltung mit Anarchist_innen aus Rojava sowie Solidaritätsveranstaltungen und Soli-Küchen für inhaftierte Anarchist_innen in Russland organisiert. Wir freuen uns bereits auf kommende Veranstaltungen mit antiautoritären Wissenschaftler_innen und Akademiker_innen, eine Talentshow mit jungen Menschen aus dem Slum Deponija und darauf, bald ein Programm mit regelmäßigen Öffnungszeiten zu beginnen. Damit sind natürlich noch nicht die vielen Arbeitseinsätze im Raum und der regelmäßige „Offene Tag“ des solidarischen Kinderbetreuungsprogramms Koko Lepo erwähnt, zu dem jede Woche unsere jungen Freund_innen aus Deponija für handwerkliche, sportliche und andere Aktivitäten vorbeikommen. Abgesehen davon gibt eine Gruppe, die am Aufbau eines Radios arbeitet und wir drucken regelmäßig Hefte für all diese Veranstaltungen.
Wünscht ihr euch Zusammenarbeit mit und Unterstützung von anderen Gruppen in der Region und auch aus Westeuropa? Wo seht ihr da konkrete Möglichkeiten oder Bedarf?
Für uns ist die Vernetzung und Zusammenarbeit mit Gruppen und Einzelpersonen aus der Region und darüber hinaus extrem wichtig. Wir sind v.a. mit Genoss_innen vom Balkan in Verbindung, von denen wir einige schon seit langer Zeit kennen und von denen wir andere noch persönlich kennen lernen müssen, die aber in unserem gemeinsamen Kampf alle ähnlich schwierige Bedingungen vorfinden. In der ganzen Region gibt es Menschen, die versuchen, solidarische Netzwerke aufzubauen und sich der Menschenfeindlichkeit des Kapitalismus entgegenstellen. Ihre Aktionen sind aber kaum sichtbar, sie fühlen sich entfremdet und isoliert. Indem wir Genoss_innen und Freund_innen aus dem Ausland ins Okretnica einladen, können wir Erfahrungen austauschen, voneinander lernen und uns gegenseitig Mut machen.
Wir haben unseren internationalistischen und anti-nationalistischen Ansatz bereits angesprochen und wollen die gegenseitige Hilfe durch Genoss_innen aus aller Welt betonen. Die kleinen Kämpfe vor Ort sind immer mit den Kämpfen anderer Unterdrückter verbunden – unabhängig davon, wo sie sich befinden.
Was ist euch sonst noch wichtig?
Okretnica hat ein monatliches Plenum. Es steht Menschen aus unserem Bezugsnetzwerk, die sich einbringen möchten, offen.