Solidaritätsveranstaltung am 2. Januar, 17 Uhr, im FAU-Lokal in der Bachstraße 22, 07743 Jena
Für die gewaltsamen Zusammenstöße zwischen Migrant_innen und ungarischer Polizei am serbisch-ungarischen Grenzpunkt Horgoš-Röszke vom 16. September 2015 wurden 11 Personen verhaftet und verklagt. Von ihnen befindet sich Ahmed unter Terrorismusanschuldigungen bis heute in Haft. Im Januar wird sein Fall weiterverhandelt. Deswegen laden wir am 2. Januar um 17 Uhr ins FAU-Gewerkschaftslokal in Jena zu einer Solidaritätsveranstaltung ein.
Was ist am 16. September 2015 und danach passiert?
Mitte September 2015 komplettierte der ungarische Staat den militarisierten Grenzzaun, erhob „illegalen Grenzübertritt“ zu einem Verbrechen und leitete damit das Ende der Migrations- und Fluchtbewegung über die Balkanroute nach Mitteleuropa ein. Am 16. September 2016 protestierten 5000 Menschen am serbisch-ungarischen Grenzpunkt Horgoš-Röszke gegen die Grenzschließung. An dieser Stelle inszenierte der ungarische Staat die Bilder, die er wollte: Erst durften die Flüchtlinge passieren, dann schlug die Antiterror-Polizei zu, griff die Menschen mit Wasserwerfern und Tränengas an und verhaftete mehrere Personen. 11 Personen, die nicht schnell genug entkommen konnten, wurden anschließend für den Aufstand verantwortlich gemacht, darunter ein Rollstuhlfahrer, ein Hüftpatient und eine halbblinde, diabetiskranke 64-Jährige.
Die Situation von Ahmed
Einer von ihnen, Ahmed, wurde zum Rädelsführer erklärt, im Herbst 2016 in einem skandalösen Schauprozess als „Terrorist“ zu 10 Jahren Haft verurteilt und befindet sich bis heute in U-haft. Der Grund für die Terrorismus-Anklage und das entsprechend hohe Strafmaß: Er habe an einem Megaphon gesprochen und Gegenstände in Richtung Polizei geworfen.
Ahmed ist seit zwei Jahren und drei Monaten in Untersuchungshaft. In der ganzen Zeit wurde er unter Isolationshaftbedingungen gehalten. Er wird von seiner Familie, seiner Frau und zwei Kindern getrennt, denen bisher jeglicher Besuch verweigert wurde. Außerdem darf er nur von bestimmten Personen Briefe empfangen. Am 15. Juni 2017 wurde sein Fall vorm Berufungsgericht verhandelt, welches aufgrund von Verfahrensfehlern einen neuen Prozess anordnete. Im Herbst 2017 begann die Neuverhandlung, die sich nun mit drei Prozessterminen im Januar fortsetzt: dem 8., 10. und 12. Januar.
Die anderen Angeklagten wurden für illegalgen Grenzübertritt und Landfriedensbruch zu 1 bis 3 Jahren (später auf 2 Jahre gesenkt) ohne Bewährung verurteilt und saßen die Zeit voll ab. Viele von ihnen haben es daraufhin nach Deutschland geschafft, sind aber aufgrund der angedrohten Abschiebung nach Ungarn in ihre Heimatländer zurückgekehrt. Der ganze Fall ist derart skandalös, dass sogar die Europäische Union in einer Resolution vom Mai 2017 das Vorgehen Ungarns verurteilte.
Welche Bedeutung hat der Fall der Röszke 11?
Die Migrationsbewegung vom Sommer 2015 wurde von den europäischen Staaten durch Grenzschließungen, Grenzbefestigung und Grenzmilitarisierung sowie durch die zunehmende Massendeportation von Flüchtlingen in angeblich sichere Länder beantwortet. Damit führt die EU nichts weniger als einen Krieg gegen die Entrechteten unserer Tage, die Flüchtlinge, einen Krieg, der bekanntermaßen schon Tausende von Toten gefordert hat. Gleichzeitig zeigt sich an dem Fall die ungebremste Autoritarisierung der europäischen Staatenregime, welche – immer demokratisch legitimiert – demokratische Vermittlungsmechanismen abschaffen und diktatorische Elemente einführen. Die Ereignisse vom 16. September 2015, die Röszke 11 und der Fall von Ahmed haben in beiderlei Hinsicht eine Signalwirkung und hier gilt es, unseren Widerstand zu verstärken.
Wie die Angeklagten unterstützen?
Zur Unterstützung der 11 Flüchtlinge wurde die Solidaritätskampage „Free the Röszke 11“ ins Leben gerufen. Mehr Infos dazu hier: freetheroszke11.weebly.com. Es handelt sich dabei um eine internationale und spektrenübergreifende Kampagne, die u.a. von folgenden Initiativen unterstützt wird: Moving Europe, No Border Serbia, Migszol und No Border Timișoara.
Was können wir tun, um Ahmed und die Solidaritätskampagne zu unterstützen?
1) Kommt zu unserer Solidaritätsveranstaltung: Wir sprechen über den Fall, schauen uns Videos an, sammeln Spenden und wollen Protestschreiben an die ungarische Botschaft schicken.
2) Schickt Solidaritätsbriefe an Ahmed. Über folgende Adresse werden sie an ihn weitergeleitet:
Verein zur Förderung feministischer Projekte
Kleeblattgasse 7
1010 Vienna
Austria
3) Schickt Protestschreiben an die ungarische Botschaft in Deutschland.
Dr. Péter Györkös
Ungarische Botschaft
Unter den Linden 76
10117 Berlin
infober@mfa.gov.hu
4) Spendet für die Anwalts- und Prozesskosten an das Spendenkonto der Kampagne:
Kontoinhaberin: Rote Hilfe e.V. Ortsgruppe Frankfurt
IBAN: DE24 4306 0967 4007 2383 90
BIC: GENODEM1GLS
Betreff: Röszke 11
5) Macht in euerm Umfeld auf den Fall aufmerksam.
6) Unterstützt die Kämpfe der Migant_innen vor Ort in Thüringen. Ihr könnt euch auf den Seiten von The VOICE und Break Deportation darüber informieren und in Kontakt treten.
Freiheit für Ahmed!
Internationaler Solifonds vom ABC Jena
Dezember 2017